Positionspapier: Agrarinitiativen
Die IG Detailhandel lehnte die Fair Food-Initiative und die Ernährungssouveränitätsinitiative, die beide am 23. September zur Abstimmung kamen, klar ab.
Für die KonsumentInnen führten beide Initiativen primär zu höheren Preisen und zu einer kleineren Auswahl.
Für die Wirtschaft schränkte die Initiative die Wirtschaftsfreiheit und den Wettbewerb unnötig ein:
- Die Initiative ist protektionistisch, weil sie neue Handelshemmnisse zur Folge hat.
- Sie beschränkt den Wettbewerb um nachhaltige Sortimentsleistung.
- Weiter erschwert die Initiative der Differenzierung von Schweizer Qualitätsprodukten und damit der Differenzierung der Schweizer Landwirtschaft und Detailhändler von ihren ausländischen Konkurrenten.
- Die Initiative führt zu bedeutend mehr Kontrollen und Bürokratie. Der Staat müsste sämtliche Lieferketten im Ausland überprüfen und regelmässig sicherstellen, dass die Lieferanten die nötigen Anforderungen erfüllen.
Mit der Annahme der Ernährungssicherheitsinitiative im 2017 wurden die Förderung der Schweizer Landwirtschaft und auch der Initianten, der ressourcenschonende Umgang mit Lebensmittel und nachhaltige Handelsbeziehungen bereits in der Verfassung verankert. Zusätzliche Verfassungsgrundlagen sind deshalb überflüssig. Aus der Sicht der IG Detailhandel verstossen die Anforderungen an die Importe zudem gegen internationale Handelsabkommen der Schweiz (vor allem mit der EU und der WTO).
Das gutgemeinte Anliegen der Initianten, mit ihren Initiativen auch im Ausland für mehr Ökologie und Tierwohl zu sorgen, dürfte sich kaum erfüllen. Die Importeure haben wenig Interesse daran, ihre ausländischen Lieferanten bei der Umsetzung der höheren Standards zu unterstützen. Denn gelten für alle Importprodukte die gleichen Standards, ist eine Profilierung nicht mehr möglich. Die Lieferantenbeziehung dürfte eher abgebrochen werden und beim Tierwohl und der Ökologie verbessert sich nichts.
Grundsätzlich befürworten die Mitglieder der IG Detailhandel eine nachhaltige Beschaffung. Sie setzen sich deshalb auf privatwirtschaftlicher Ebene bereits freiwillig dafür ein. Im direkten Kontakt mit ihren Lieferanten im Ausland können Sie schnell und unbürokratisch für Verbesserunen sorgen. Ein staatlicher Eingriff ist aus ihrer Sicht kontraproduktiv.
Wirtschaftspolitische Wertung
Wirtschaftspolitische Wertung der Konsequenzen bei Annahme der Initiativen:
Detailhandel
- Die Initiativen führen zu höheren Preisen, da importierte und Schweizer Produkte hohen Anforderungen an Produktion, Verarbeitung, Handel und Deklaration genügen müssen. Eine Abnahme der Importe führt zu weniger Wettbewerb in der Schweiz. Bei importierten Produkten fallen zusätzlich Zollkosten an.
- Der Einkaufstourismus wird gefördert, da bei Privatimporten die Importrestriktionen der Fair-Food-Initiative aus praktischen Gründen wahrscheinlich nicht angewandt werden. Der Zoll wäre überfordert, wenn beispielsweise privat importiertes Fleisch separat kontrolliert werden müsste.
- Die Initiativen ist ein starker Eingriff in die Wirtschaftsfreiheit und damit in folgenden Wettbewerb:
- Differenzierung über nachhaltige Sortimentsleistung.
- Differenzierung über Schweizer Qualitätsprodukte (u.a. ggü. ausländischen Konkurrenten).
- Differenzierung über Preise (wegen Preisanstieg)
- Die Möglichkeit für Deklarationen von Produktionsmethoden, die in der Schweiz nicht erlaubt sind, ist bereits im Landwirtschaftsgesetz gegeben → eine zusätzliche Verankerung in der Verfassung ist unnötig.
- Verbote in der Verfassung beispielweise für gentechnisch veränderte Lebensmittel sind nicht verhältnismässig. Die Schweiz sollte langfristige, nachhaltige Strategien entwickeln. Aktuell arbeitet der Bund beispielsweise eine Pflanzenzüchtungs-Strategie und eine Antibiotikaresistenzen-Strategie aus.
- Die Initiativen hat eine geringe Glaubwürdigkeit, da nur der Detailhandel und Importeure explizit angesprochen werden.
KonsumentInnen
- Es besteht eine grosse Nachfrage nach fairen, nachhaltigen Lebensmitteln. Dieses Bedürfnis wird bereits heute vom Schweizer Detailhandel erfüllt und stetig ausgebaut.
- Mit den Initiativen bevormundet der Staat aber KonsumentInnen in ihrer Wahlfreiheit, da das Lebensmittelangebot gesteuert wird.
- Die Initiativen erhöhen die Lebensmittelpreise und treffen somit vor allem Haushalte mit tieferen Budgets.