Positionspapier: Green Claims/Greenwashing
Hintergrund
Viele Anbieter verwenden freiwillig «green claims» um über bestimmte Vorteile ihrer Produkte und Dienstleistungen aufmerksam zu machen. Solche nachhaltigkeitsbezogenen Angaben sind beispielsweise «klimaneutral», «CO2-neutral», «grün», «nachhaltig», «umweltfreundlich» oder «ökologisch». Für einen grossen Teil der Konsumentinnen und Konsumenten ist oft nicht verständlich, was diese claims bedeuten und worauf sie basieren.
Für manche Konsumentinnen und Konsumenten ist Nachhaltigkeit ein wichtiges Kaufkriterium; sie sind bereit, für ökologische oder emissionsarme Angebote einen höheren Preis zu bezahlen. Entsprechend versuchen Unternehmen teilweise anhand von green claims, ihre Produkte und Dienstleistungen nachhaltiger darzustellen, als sie tatsächlich sind. Dieses Verhalten nennt sich «green washing».
Regulierung
Eine explizite Regulierung der green claims gibt es in der Schweiz nicht. Auch existieren keine staatlichen Standards, die ein Produkt oder eine Dienstleistung erfüllen muss, um etwa als «ökologisch» oder «klimafreundlich» zu gelten. In den letzten Jahren forderten mehrere Vorstösse (beispielsweise Mo.23.3150 oder Mo.24.3198 ) den Bundesrat auf, aktiv zu werden. Allerdings verbietet bereits das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (Art.3) ganz allgemein falsche oder irreführende Angaben für Produkte oder Dienstleistungen. Dieses Gesetz erhält zudem neu eine Ergänzung, die das Parlament im Rahmen der CO2-Gesetzesrevision (Änderung anderer Erlasse) verabschiedet hat. Demnach handelt unlauter, wer Angaben in Bezug auf die verursachte Klimabelastung macht, die nicht durch objektive und überprüfbare Grundlagen belegt werden können. Für Lebensmittel bestehen im Lebensmittelgesetz (Art. 18) und in der Lebensmittel- und Gebrauchsgegenständeverordnung (Art. 12) Vorgaben gegen die Täuschung. Und schliesslich gibt das neue Umweltschutzgesetz (Art. 35) dem Bundesrat die Möglichkeit je nach der verursachten Umweltbelastung eines Produktes Anforderungen für eine einheitliche, vergleichbare, sichtbare Kennzeichnung festzulegen.
Die EU hingegen hat kürzlich die Richtlinien 2024/825 für eine Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und durch bessere Informationen verabschiedet. Auslobungen von Umwelteigenschaften müssen laut des deutschen Bundesumweltamtes demnach strengere Vorgaben erfüllen. Textaussagen sind nur noch mit Begründung möglich, Klimaclaims per se verboten. Label müssen ihre Kriterien öffentlich zugänglich machen und sich von Dritten zertifizieren lassen. Noch in Erarbeitung ist die neue EU-Richtlinie über Umweltaussagen 2023/0085 (green claims directive). Diese soll dazu führen, dass sich Unternehmen bei Umweltaussagen auf klare Kriterien und wissenschaftliche Erkenntnisse stützen, wie der europäische Rat festhielt.
Der Bund verfolgt zwar die laufenden Arbeiten in der EU, möchte sich aktuell aber auf die Umsetzung der Schweizer Regelungen konzentrieren.
Position IG Detailhandel Schweiz
Die Mitglieder der IG Detailhandel engagieren sich seit vielen Jahren für mehr Nachhaltigkeit in ihrem Sortiment und bieten eine breite Auswahl an Label-Produkten an. Damit Konsumentinnen und Konsumenten den durch die höheren Anforderungen bedingte Mehrpreis nachhaltiger Produkte zu bezahlen bereit sind, müssen sie den Umweltaussagen vertrauen können. Deshalb halten sich die Mitglieder der IG Detailhandel bezüglich ihrer Umweltaussagen freiwillig an eigene, strenge Vorgaben. Ihre green claims müssen verständlich sein, den Tatsachen entsprechen und sich auf anerkannte wissenschaftliche Erkenntnisse stützen. Für Label-Produkte publizieren/verlinken die Mitglieder der IG Detailhandel die Label-Richtlinien auf ihren Unternehmensseiten.
Die IG Detailhandel zeigt, dass der freiwillige Ansatz funktioniert. Sie begrüsst das Vorgehen des Bundesrates, der nun beobachten will, wie sich die Anpassungen im Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb und im Umweltschutzgesetz in der Praxis bewähren.
Einer Übernahme der EU-Regulierung in diesem Bereich steht die IG Detailhandel sehr skeptisch gegenüber. Der vorgesehene Prozess dürfte zu bedeutend mehr Bürokratie und höheren Preisen führen. Zu hohe Hürden und ein zu grosser administrativer Aufwand könnten Unternehmen dazu verleitet werden, auf Umweltaussagen ganz zu verzichten. Lassen sich umweltbezogene Mehrwerte aber nicht mehr ausloben, sinkt die Motivation für ein Engagement zugunsten der Nachhaltigkeit. Damit wäre weder der Umwelt, noch den Konsumentinnen und Konsumenten gedient.